Sarajevo: Eine außergewöhnliche Stadt

Wie stellt ihr euch Sarajevo vor?

Wenn man an diese Stadt denkt, kommen einem schnell Bilder von Krieg, Einschusslöchern und einer düsteren Atmosphäre in den Sinn. So ging es auch uns, bevor wir die Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina besucht haben. Doch Sarajevo ist so viel mehr als seine Vergangenheit – es ist eine der am meisten unterschätzten und gleichzeitig außergewöhnlichsten Städte Europas. In diesem Artikel nehmen wir euch mit auf unsere Reise durch Sarajevo und zeige euch, warum uns diese Stadt so beeindruckt hat.

Ankunft und erste Eindrücke

Nach unserer Ankunft mit dem Motorrad ging es direkt los – zum Wahrzeichen der Stadt, dem Sebilj-Brunnen auf dem Basar.

Der Sebilj-Brunnen ist ein wunderschöner, historischer Brunnen, um den sich Taubenschwärme tummeln. Während in anderen Städten das Füttern von Tauben meist verboten ist, ist es hier eine beliebte Attraktion.

Der Basar: Das Herzstück von Sarajevo

Der Basar ist das pulsierende Zentrum von Sarajevo und für uns das absolute Highlight der Stadt. Die schmalen Gassen sind voller Leben, Handwerkskunst und kulinarischer Köstlichkeiten. Besonders die Kupferschmiedegasse hat es uns angetan. Hier findet man alles aus Kupfer – von traditionellen bosnischen Kaffeekannen über kunstvoll verzierte Teller bis hin zu dekorativen und funktionalen Gegenständen.

Was uns besonders beeindruckt hat, ist die Kreativität der Handwerker, die aus alten Patronenhülsen Kunstwerke herstellen. Diese Verbindung von Geschichte und Kunst spiegelt das Wesen Sarajevos wider – eine Stadt, die trotz ihrer schweren Vergangenheit voller Leben und Kultur steckt.

Der Basar ist auch ein Fest für die Sinne: Überall riecht es nach Gewürzen, frischem Brot, türkischem Tee und bosnischem Kaffee. An jeder Ecke kann man sich an den süßen Spezialitäten erfreuen, die in kleinen Läden und Ständen angeboten werden. Die Kombination aus Gerüchen, Farben und Klängen macht den Basar zu einem Ort, an dem man sich verlieren kann – und immer wieder Neues entdeckt.

Der Basar als kultureller Schmelztiegel

Ein weiterer Grund, warum Sarajevo oft als „Jerusalem Europas“ bezeichnet wird, liegt in der Vielfalt der Religionen und Kulturen, die hier aufeinandertreffen. Im Herzen des Basars befindet sich die Gazi-Husrev-Beg-Moschee, eine der ältesten und bedeutendsten Moscheen Bosniens. Doch nicht weit entfernt stehen auch christliche Kirchen und jüdische Synagogen. Diese Nähe der verschiedenen Glaubensgemeinschaften ist einzigartig und verleiht der Stadt eine besondere Atmosphäre der Toleranz und des Miteinanders.

Die moderne Seite Sarajevos: Flaniermeile und Shopping

Verlässt man den historischen Basar, betritt man den moderneren Teil der Stadt mit einer langen Flaniermeile, die vor allem Streetfotografen begeistert. Hier trifft man auf eine lebendige Mischung aus Cafés, Bars und Geschäften, die das urbane Leben Sarajevos widerspiegeln.

Ein modernes Einkaufszentrum zeigt, wie vielfältig Sarajevo ist. Hier findet man bekannte Marken und kann sich in einem ganz anderen Ambiente bewegen als in den historischen Gassen des Basars. Diese Gegensätze machen die Stadt so spannend – sie ist gleichzeitig Tradition und Moderne.

Kulinarische Highlights: Bosnischer Kaffee und Cevapcici

Was wäre eine Reise ohne die kulinarischen Spezialitäten der Region? Sarajevo hat hier einiges zu bieten.

Der bosnische Kaffee ist ein Muss für jeden Besucher. Er wird traditionell in einer kleinen Kanne, der sogenannten „Džezva“, aufgekocht, bis sich eine dicke Schaumschicht bildet. Serviert wird der Kaffee mit einem dicken Satz am Boden der Tasse, den man nicht trinkt. Dazu gibt es oft eine kleine Süßigkeit, die perfekt zum starken, aromatischen Kaffee passt. Für uns gibt es keinen besseren Kaffee als diesen!

Ein weiteres kulinarisches Highlight sind die berühmten Cevapcici – kleine, würzige Fleischröllchen, die in Fladenbrot mit Zwiebeln und einer speziellen Soße serviert werden. In Deutschland kennt man sie oft als Cevapcici, doch in Sarajevo sind sie der bosnische Döner schlechthin. Wer Fleisch isst, sollte unbedingt eine große Portion bestellen – die schmeckt einfach fantastisch und ist ein echtes Stück bosnischer Esskultur.

Geschichte hautnah erleben: Die Lateinerbrücke und Einschusslöcher

Sarajevo ist eine Stadt mit einer bewegten Geschichte, die man an vielen Orten spüren kann. Ein besonders geschichtsträchtiger Ort ist die Lateinerbrücke. Hier wurde 1914 der österreich-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand ermordet, ein Ereignis, das den Ersten Weltkrieg auslöste. Die Brücke sieht auf den ersten Blick unspektakulär aus, doch ihre Bedeutung für die Weltgeschichte ist enorm.

Überall in der Stadt sind Einschusslöcher und Spuren des Bosnienkriegs in den 1990er Jahren sichtbar. Viele dieser Stellen sind bewusst nicht repariert worden, um an die Vergangenheit zu erinnern. Granateneinschläge und ausgegossene Stellen auf dem Boden erzählen von der Belagerung Sarajevos, die über 1.400 Tage dauerte. Diese sichtbaren Zeichen machen die Geschichte der Stadt greifbar und bewegend.

Der Tunnel der Hoffnung: Ein Symbol des Überlebens

Ein besonders beeindruckendes Zeugnis der Belagerung ist der sogenannte Tunnel der Hoffnung (Tunnel Spasa). Dieser Tunnel wurde unter der Start- und Landebahn des Flughafens von Sarajevo gebaut, um die Stadt während der Belagerung mit Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten zu versorgen. Der Tunnel war etwa 800 Meter lang, ein Meter breit und zwischen 1,60 und 1,80 Meter hoch, sodass man sich stets gebückt hindurchbewegen musste.

Die Bedingungen beim Bau und bei der Nutzung des Tunnels waren extrem schwierig: Wasser stand teilweise im Tunnel, und über der Tunnelstrecke lagen ständig Granateneinschläge. Trotzdem war der Tunnel lebenswichtig für die Bewohner Sarajevos und ein Symbol für ihren Überlebenswillen.

Heute kann man im Tunnelmuseum einen Teil des Originals besichtigen und einen nachgebauten Tunnel begehen, der die Bedingungen damals veranschaulicht. Ein Besuch dort ist ein absolutes Muss, um die Geschichte und die Widerstandskraft der Stadt besser zu verstehen.

Abendliche Impressionen und besondere Aussichtspunkte

Am Abend zeigt sich Sarajevo von einer ganz anderen Seite. Die Stadt wird lebendig durch die vielen Cafés, in denen Shishas geraucht werden, und die Düfte, die aus den Restaurants strömen. Ein ganz besonderer Ort ist die sogenannte Gelbe Bastion, ein Aussichtspunkt, von dem man einen atemberaubenden Blick über die ganze Stadt hat. Zufällig haben wir diesen Ort entdeckt und waren begeistert von der Aussicht und der Stimmung bei Sonnenuntergang.

Auch das ehemalige Rathaus mit dem berühmten Hashtag-Schriftzug ist ein beliebter Treffpunkt am Abend. Hier trifft man Einheimische und Touristen, und die Atmosphäre ist entspannt und einladend. Es lohnt sich, Sarajevo nicht nur tagsüber, sondern auch nach Einbruch der Dunkelheit zu erleben.

Fazit: Warum Sarajevo so außergewöhnlich ist

Sarajevo ist eine Stadt voller Gegensätze und Überraschungen. Sie verbindet Geschichte und Moderne, Tradition und Fortschritt, Leid und Lebensfreude auf einzigartige Weise. Die Stadt ist kompakt, sodass man fast alles zu Fuß erkunden kann, was den Charme noch verstärkt.

Von den lebendigen Basargassen über die historischen Stätten bis hin zu den kulinarischen Köstlichkeiten – Sarajevo bietet für jeden etwas. Die bewegende Geschichte, die sichtbaren Spuren des Krieges und der Tunnel der Hoffnung machen die Stadt zu einem Ort, der zum Nachdenken anregt und tief berührt.

Wir empfehlen jedem, mindestens drei Tage in Sarajevo zu verbringen, um die Stadt in all ihren Facetten erleben zu können – bei Tag und bei Nacht. Sarajevo ist nicht nur eine Stadt, sondern ein Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst.

Tipps für euren Besuch in Sarajevo

  • Basar besuchen: Plant genügend Zeit ein, um die Gassen des Basars zu erkunden und die Handwerkskunst und kulinarischen Spezialitäten zu genießen.
  • Gazi-Husrev-Beg-Moschee: Ein bedeutendes religiöses und kulturelles Highlight, das man gesehen haben sollte.
  • Tunnel der Hoffnung: Museum und Originaltunnel besichtigen, um die Geschichte der Belagerung hautnah zu erleben.
  • Gelbe Bastion: Für den schönsten Blick über die Stadt, besonders bei Sonnenuntergang.
  • Kulinarisches: Probiert unbedingt den bosnischen Kaffee und die Cevapcici – ein echtes Geschmackserlebnis!
  • Fußläufig erkunden: Sarajevo ist kompakt und gut zu Fuß zu erkunden, plant also bequeme Schuhe ein.
    Wer sich auf Sarajevo einlässt, wird mit einer Stadt belohnt, die voller Leben, Geschichte und Herzlichkeit steckt. Wir können es kaum erwarten, wiederzukommen und noch mehr von dieser außergewöhnlichen Stadt zu entdecken.

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